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Bei der Planung weiterer Gebäude stehen wir aktuell an einem Punkt, wo die Statiker genaue Festigkeitswerte unseres Mörtels benötigen. Zwar stehen die Baupläne für das erste Steingebäude schon weitgehend, aber die Stärke der Mauern und Fundamente ist abhängig davon, wie gut der Mörtel bindet.

Die Paradiesgartenmauer war in Bezug auf Mauertechnik und Mörtel ein wichtiges Testobjekt für uns. Arbeitsabläufe, Materialmengen und Mörtelrezepturen konnten hier erprobt werden. Anhand dieser Mauer und der verschiedenen Bauabschnitte sollte nun untersucht werden, ob der Mörtel auch für größere Gebäude verwendbar wäre – im nächsten Jahr soll es ja mit dem ersten Steingebäude auf dem Campus losgehen. Beim Thema Mörtel haben wir seit Kurzem Unterstützung von Frau Prof. Stürmer von der HTWG Konstanz. Sie lehrt dort u.a. Baustofftechnologie und Denkmalpflege, mit historischen Bauwerken hat sie viel Erfahrung.

Prof. Stürmer sprüht einen Indikator auf den Bohrkern.

Mit schweren Maschinen wurde unsere Mauer angebohrt.

Diese Woche war Prof. Stürmer mit einem Mitarbeiter vor Ort, um an der Mauer Bohrkerne zu entnehmen, die dann im Labor untersucht werden können.

Wir waren sehr gespannt, wie das erste Urteil ausfallen würde…. Leider zeigte bereits der erste visuelle Eindruck und der Test mit einem Indikatorspray, dass der Mörtel im Innern der Mauer auch nach mehreren Jahren noch nicht abgebunden hat (=karbonatisiert ist). Die Festigkeit des Mörtels in der jetzigen Form genügt den Anforderungen der Statiker also nicht, ein größeres Gebäude werden wir damit nicht bauen dürfen.

Die starke violette Färbung zeigt, dass der Mörtel noch nicht voll abgebunden hat.

Im Labor beginnt nun die Fehlersuche bzw. die Frage, wie man den Mörtel innerhalb der frühmittelalterlichen Möglichkeiten verbessern kann. In der Diskussion sind u.a. Zuschlagstoffe, Mischungsverhältnisse, evtl. ein anderer Sand, aber auch Veränderungen der Mauertechnik bzw. der Arbeitsabläufe. In jedem Fall muss irgendwie Luft an den Mörtel kommen, weil dieser zum Aushärten Kohlendioxid benötigt.

Um unseren Mörtel mit einem echten, historischen Mörtel unserer Region (=gleiche Rohstoffe) zu vergleichen, hat Prof. Stürmer einige Proben von der nahegelegenen Benzenburg mitgenommen. Diese Burgruine ist nur einen guten Kilometer Luftlinie vom Campus entfernt. Die Mörtelproben stammen vermutlich aus der Zeit um 1200, sind also grob 300 Jahre jünger als der Klosterplan. Dennoch ist die Mörteltechnik wahrscheinlich vergleichbar.

Unser Maurer Andreas wird auch noch eine Testmauer im Labor in Konstanz aufbauen, die dann verschiedenen Belastungstests unterzogen wird… Die Sache bleibt spannend!

Der Bohrer hat 12cm Durchmesser. Gebohrt wurde möglichst trocken, damit durch das Wasser kein Kalk gelöst wird (und damit das Untersuchungsergebnis verfälscht).

Bauleiter und Architekt Thomas prüft mit einem skeptischen Blick den Verlauf der Bohrung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fotos von Tilmann Marstaller

11 Comments

  • Andy Mendyk sagt:

    Wie ist der Stand? Seid ihr weiter gekommen?

    • Campus Galli sagt:

      Ja, basierend auf den Analysen wurden inzwischen verschiedene Mörtelmischungen im Labor hergestellt und auch eine Testmauer gesetzt. Der Mörtel muss nun 90 Tage abbinden, bis er verschiedenen Tests unterzogen wird. Und dann wissen wir hoffentlich, welche Variante für welchen Einsatzzweck geeignet ist. Wir werden berichten wenn es Ergebnisse gibt!

      • Siegfried Keller sagt:

        Wie ist den nun der Stand? Ist eine historisch akzeptable Mischung und Vorgehensweise gefunden und umgetzt?

  • Hallo, habe mit großem Interesse über die Probleme mit dem Abbinden des Mörtels gelesen. Das gleiche Problem hatten ja schon die Baumeister in der Antike – und sie haben es mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln und Materialien gelöst, sonst hätten die teilweise kolossalen Bauwerke ja nicht bis in die Gegenwart überleben können. Nun bin ich kein gelernter Baudenkmalpfleger oder Material-Wissenschaftler, habe aber trotzdem über 40 Jahre immer wieder mit uralter Bausubstanz zu tun gehabt. Nach meinen Beobachtungen findet man in historischem Mörtel, der in massiven tragenden Wänden verbaut wurde, fast immer einen grobkörnigen Zuschlag von Mergel (natürlicher hydraulischer Kalk / NHL), der offenbar die Luftdurchlässigkeit der Fuge verbessert und damit zur schnelleren, tiefer wirkenden Karbonatisierung führt. Daneben findet man in historischem Mörtel auch immer wieder deutliche Faseranteile. Vermutlich Reste von der Hanf- oder Flachsverarbeitung. Das macht ja auch Sinn, denn die Faserabschnitte sorgen anfangs für eine Micro-Armierung des noch plastischen Gefüges und verhindern Rissbildung. Wenn sie dann nach und nach „vergehen“, setzen sie einerseits CO2 frei, das mit dem Kalkhydrat direkt reagieren kann, andererseits hinterlassen sie feine Poren innerhalb der Wand, die deren Gas- und Feuchteaustausch verbessert.
    In römischen Bauwerken befindet sich im Kalkmörtel oft als Zuschlag Puzzolan (unbehandelte feine vulkanische Asche) und macht daraus „Opus Caementitium“, einen leistungsfähigen und beständigen Baustoff, den wir vergleichbar und mit modernen Mitteln erst wieder im 20. Jahrhundert herstellen konnten. Ich bin mir fast sicher, dass nicht alles historische Wissen der Baukunst im 9. Jahrhundert verloren gegangen war, es war ja praktisch das Kapital der Baumeister! Und Trass aus der Eifel oder dem Ries ist Puzzolan sehr ähnlich – das wussten auch die römischen Baumeister, die in Trier, Köln und entlang des Limes gebaut haben und die frühmittelalterlichen Baumeister von Burgen und Sakralbauten werden dieses Wissen wohl auch genutzt, bewahrt und weiter gegeben haben.
    Altes Wissen darf nicht verloren gehen oder verloren bleiben – deshalb finde ich Euer Projekt so wertvoll! Nun hoffen wir mal, dass wir gemeinsam das Pandemie-Geschehen in den Griff bekommen. Ich würde ja gerne im Laufe des Jahres für ein paar Wochen zu Euch stoßen und die Ärmel meiner Tunika hochkrempeln…

    • Campus Galli sagt:

      Ja, all diese Gedanke wälzen wir auch… glücklicherweise haben wir mit Frau Prof. Stürmer jemanden an der Hand, der schon viele historische Mörtel untersucht hat und sich auch mit der Chemie dahinter auskennt. Trass oder Puzzolan ist in unserer Gegend leider keine Option, dennoch zeigt der Mörtel der nahegelegenen Benzenburg, dass es funktionieren kann. Wir werden eine Lösung finden und freuen uns auf deine Hilfe in dieser Saison!

  • Marco Schwarz sagt:

    Hallo, mit großem Interesse bin ich auf eure Seite gestoßen. Ich habe seit kurzem ein Haus erworben das auf einem Burggelände steht samt intakter Burg Mauer und allem. Schloss Gießen bei Tettnang, Kressbronn. Gerade in letzter Zeit habe ich mich mit Mauer Mörtel beschäftigt, da ich meine Burg Mauer auch hin und wieder werde flicken müssen. Ich habe eine Rezeptur für Einen historischen Mauer Mörtel bekommen, der für euch vielleicht interessant sein könnte. Aber vielleicht haben ihr den auch schon. Gerne kann ich diesen zusenden und vielleicht können wir ja Rezepturen auch austauschen?

    • Campus Galli sagt:

      Gerne! Wir freuen uns immer über Unterstützung, und vielleicht ist Ihre Rezeptur ja die Lösung. Es steht allerdings zu befürchten, dass das nicht so sein wird, denn selbst die Denkmalpflege arbeitet bei Restaurierungen mit einem nicht 100% historischen Mörtel. Wir würden uns aber auf jeden Fall über einen Austausch freuen, bitte einfach eine kurze Email an info@campus-galli.de

  • Sascha Ernstberger sagt:

    Viel Erfolg bei der Ursachenforschung, bzw. bei der Suche nach einem guten Rezept.

    Leider funktioniert see Blogeintrag zum Saisonende nicht. Wenn man den vollständig lesen will, kommt man immer in 2019 raus.

  • Fred sagt:

    Die Erbauer von Guédelon könnten mit Sicherheit in Dingen Mörtel weiterhelfen.

    • Campus Galli sagt:

      Leider nein, die hatten dort anfangs die gleichen Probleme und sind deshalb auf einen fertig gemischten Mörtel umgestiegen, der auch Zementanteile enthält.

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