Im letzten Jahr wurde bald klar, dass die große Entfernung zwischen Weberei und Färberei sehr ungünstig ist und wir die beiden Werkstätten deshalb zueinander verlegen werden. Für die Weberei wurde über den Winter eine neue Hütte geplant, deren Konstruktion auf einem archäologischen Fund beruht.

Grundlage der Konstruktion ist ein etwa meterlanges Balkenstück aus der Wikingersiedlung Haithabu, im Norden Deutschlands. Wir folgen dabei der Interpretation A.Zippelius (1969), der in dem Balkenstück einen Knotenpunkt zwischen Ständer, Balken, Fußpfette und Stuhlsäule sieht. In einer neueren Publikation zieht Schietzel die Rekonstruktion zwar in Zweifel (Schietzel 2014:137) versucht sich jedoch nicht in einer besseren Interpretation. Die von uns gewählte Rekonstruktion bildet also nach wie vor den aktuellen Forschungsstand ab.

Der Fund aus Haithabu. Quelle: Zippelius 1969:Abb.1

Der Fund aus Haithabu. Quelle: Zippelius 1969:Abb.1

Die Interpretation des Fundes. Quelle: Zippelius 1969, Abb.4

Die Interpretation des Fundes. Quelle: Zippelius 1969, Abb.4

Der entsprechende Knotenpunkt an unserer Weberhütte.

Der entsprechende Knotenpunkt an unserer Weberhütte.

Selbstverständlich sagt dieses eine Fundstück nichts über die Größe des Gebäudes aus, hier wendeten wir die Konstruktion entsprechend unseren Bedürfnissen an. Näheres zu den Abmessungen ist in der Skizze zu sehen.

Die Konstruktion besteht aus Fichtenholz. Die Stämme wurden von uns im Winter in Handarbeit auf dem Gelände gefällt und mit Ochsen und Muskelkraft zum Abbundplatz transportiert. Der gesamte Abbund wurde mit Axt und Kreuzaxt gemacht, ohne Stemmeisen oder Säge. Bei der Holzart weichen wir vom Original ab, das aus Eichenholz gemacht ist. Eiche ist in unserer Region (der Schwäbischen Alb) leider nicht besonders häufig. Buche und Weißtanne wären natürlicherweise die Haupt-Baumarten, in den wenigen Flusstälern und Niederungen außerdem die klassischen Baumarten der Aue: Esche, Pappel, Erle. Die Fichtenbestände sind eine Folge der Forstwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten, doch folgen wir hier dem Prinzip mit dem Material zu bauen, das vor Ort verfügbar ist. Aus Haithabu ist beispielsweise auch ein Werkzeugstiel aus Buche belegt (Schietzel 2014:91), ein Holz das kurzfaserig und pilzanfällig ist, sich also sehr schlecht für einen Werkzeugstiel eignet. Dass es dennoch verwendet wurde, zeigt, dass man nicht immer die Wahl hatte… Dass die Eiche grundsätzlich die am häufigsten nachgewiesene Holzart bei archäologischen Funden ist, bildet auch nur mit Einschränkung die historische Realität ab: Eiche ist schlichtweg auch dasjenige Holz, das die Jahrhunderte am Besten überdauert hat. Dinge, die aus Weichholz waren, waren besonders dem Zerfall ausgesetzt. Sie sind nur unter besonders günstigen Bedingungen überliefert.

Um die senkrechten Fichtenholz-Ständer der Weberhütte dennoch ein wenig gegen Fäulnis zu schützen, sind sie dort angekohlt, wo sie in Bodenkontakt stehen. Das Dach besteht aus einem Scheren-Dachstuhl, über den ein Dach aus Schindeln gelegt wird. Am Osterwochenende wurden die Binder aufgestellt, dann die Dachsparren aufgelegt und die Ständer zusätzlich mit Lesesteinen im Boden gesichert. Das Gefach wird nun mit Weiden und Lehm geschlossen, und das Dach mit Schindeln gedeckt. Dann hat der Webstuhl endlich wieder ein trockenes Plätzchen!

Federführend bei der Konstruktion und Planung war dabei unser Zimmermann Daniel, die Zeichnung stammt von unserem Bauleiter Thomas. Bei der Ausführung unterstützten uns zeitweise mehrere Zimmermänner auf der Walz, insbesondere Frederik und Florian, dafür unseren allergrößten Dank!

 

Literatur:

Schietzel, K. 2014. Spurensuche Haithabu. Dokumentation und Chronik 1963-2013. Wachholtz-Verlag, Neumünster/Hamburg.

Zippelius, A. 1969. Zur Frage der Dachkonstruktion bei den Holzbauten von Haithabu. IN: Schietzel, K. Die archäologischen Befunde der Ausgrabung Haithabu 1963-1964. Karl Wachholtz, Neumünster.

3 Comments

  • Kurt Kübler sagt:

    Was ich dazu sagen wollte
    Das ganze ist als Rekonstruktion für die Nachwelt wertvoll in der Praxis gesehen! Jedoch der Wald ist schon sehr mitgenommen und ramponiert, schade eigentlich, wo doch so viel in den vergangenen Jahren im Wald nutzlos verrottet war. Da werden wertvolle Bäume aus Staatswaldbeständen, die bis zu 200 Jahre für das Wachstum gebraucht haben, einfach gefällt, sehr schade!
    Gezeichnet Kurt Kübler, Gottmadingen.

    • Campus Galli sagt:

      Hallo Herr Kübler, Ihren Kommentar verstehen wir nicht so ganz. Welcher Wald ist „ramponiert“? Der Wald in dem wir bauen, oder der Staatsforst um uns herum, durch den Einsatz von Harvestern usw.? Nach forstwirtschaftlichen Maßstäben ist der Wald auf unserem Gelände tatsächlich durch den Sturm Lothar stark „ramponiert“ worden.
      Abgesehen davon ist Holz unser wichtigster Baustoff. Durch das Bauen mit Holz führen wir den Menschen die Wertigkeit dieses Baustoffs wieder vor Augen. Genau deshalb unterstützt uns auch ForstBW.

      Auf unserem Gelände bleiben die wenigen großen Eichen nach Möglichkeit bestehen, und auch die großen Buchen sollen weitgehend erhalten bleiben. Lediglich die vielen Fichten werden fallen, aber die gehören eigentlich auch nicht in unsere Wälder!
      Ganz insgesamt stellen wir fest, dass auf unserem Gelände eine ungeheure Artenvielfalt herrscht, sowohl was die Wiesen im Tal angeht, wie auch insbesondere bzgl. der Vogelarten. Letzteres liegt u.a. daran, dass es bei uns unzählige „Übergänge“ zwischen verschiedenen Lebensräumen gibt. Man darf also durchaus festhalten, dass unser Projekt zu einer ökologischen Vitalisierung des Gebietes führt.

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