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Am Rande des Baugeschehens entstehen oft kleine Dinge, denen man die vielen Arbeitsstunden und die hochwertige Handarbeit nicht auf den ersten Blick ansieht. Ein solches Kleinod sind zum Beispiel die Wadenwickel, die kürzlich in der Weberei entstanden.

Wadenwickel, Spindel, und ein Strang fertiges Garn. Im Korb im Hintergrund ist die gekämmte, saubere Wolle zu sehen.

Die Wolle stammt von unseren Steinschafen, die von Natur aus dunkelbraune Wolle liefern.

Hier einmal der grobe Zeitaufwand, so wie ihn unsere Weberinnen dokumentiert haben:

  • Das Vorsortieren der Wolle, das Waschen und Kämmen insgesamt etwa 20 Stunden.
  • Für die Kettfäden (senkrechte Fäden) wurden 2x 77 Fäden von je 5 Metern Länge benötigt, und für das Weben 2x 270m Garn, das ergibt insgesamt 1310 Meter. Weil immer etwas Ausschuss da ist, und man hier und da doch noch einen Meter mehr braucht, kann man das auf 1350m runden. Pro Stunde schafft man etwa 50m zu spinnen, was 27 Stunden ergibt.
  • Beim Weben kamen wie ungefähr 10-12cm pro Stunde voran, macht 45 Stunden reine Webzeit.
  • Zwischendurch musste etwa 10 mal aufgewickelt und nachgespannt werden, dafür ist im Durchschnitt jeweils mindestens eine halbe Stunde erforderlich, insgesamt also etwa 5 Stunden.
  • um die Kettfäden zu schlichten (glätten), wurden sie mit einer Knochenleim-Lösung behandelt, das dauerte etwa 2 Stunden.
  • kleinere Reparaturen zwischendurch, 1 Stunde.
  • Endfäden verflechten und vernähen und den Knochenleim ausspülen, 3 Stunden.

Insgesamt kommen wir mit dieser Rechnung also auf 103 Stunden! Jeder darf sich selbst ausrechnen, was das in der heutigen Zeit für ein Wert wäre….

Interessanterweise wirft diese Aufstellung eine gängige Behauptung um, dass mehrere Spinnerinnen eine Weberin versorgen müssen, die Hauptarbeit der Textilherstellung also im Spinnen liegt… in der Literatur ist von 4-10 Spinnerinnen pro Weber die Rede. Dies trifft für den Gewichtswebstuhl aber offenbar NICHT zu, da überwiegt die Webarbeit. Eigenen Erfahrungen unserer Weberinnen zufolge kommen sie bei einem modernen Webstuhl etwa fünf mal schneller voran. Sicher macht die Erfahrung mit dem Gewichtswebstuhl die Arbeit mit der Zeit auch schneller, jedoch wird man das genannte Zahlenverhältnis wohl nie erreichen können.

Weberin Mechthild ist sich auch sicher, dass man durch das Spinnen von festeren Fäden den Webvorgang ebenfalls verbessern kann, weil sich die Fäden dann nicht ineinander verhaken können. Das festere Garn braucht zwar mehr Zeit beim Spinnen, es könnte sich am Ende aber dennoch lohnen…..

Es gibt also noch Vieles auszuprobieren, und so schnell wird es uns nicht langweilig werden! Und die nächsten Wadenwickel sind bereits in Arbeit (siehe Foto):

GENERELLES ZU DEN WADENWICKELN:

Derartige Wadenwickel sind auf vielen Abbildungen aus karolingischer Zeit zu sehen, die Männer tragen sie über der Hose. Sicher war das zum Teil eine Modeerscheinung, jedoch haben die Wadenwickel durchaus auch praktische Aspekte: Die Hosenbeine unter den Wadenwickeln werden fixiert, man bleibt damit nirgends hängen und die Hosenbeine werden nicht schmutzig, was insgesamt also die Abnutzung etwas reduziert. Wir haben auch festgestellt, dass Sie einen gewissen Schutz bieten, wenn man mit der Axt einmal das Schienbein touchiert 🙂 Und zuguterletzt wärmen sie auch. Das ist im Sommer allerdings manchmal eher unangenehm, weshalb sie unsere Handwerker bei anstrengenden Arbeiten nicht gerne tragen.

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